Wittenberg – Schüler, Kollegen und Freunde

Die Wittenberger Übersetzung des Alten Testaments war eine echte Forschungskooperation im heutigen Sinne, beteiligt waren neben Luther seine Kollegen Philipp Melanchthon, Caspar Cruciger und Johannes Bugenhagen. Grundsätzlich beruht die Durchsetzungskraft der Reformation auf den Leistungen vieler gelehrter Köpfe, die an der jungen Wittenberger Universität ein „lebendiges Diskussionsklima“ pflegten. Sie spannten ihr Netzwerk über ganz Europa und festigten es über regelmäßige Korrespondenzen mit Kollegen, Freunden, Lehrern und Schülern. In den unzähligen Briefen wurden theologische Fragen ebenso erörtert wie ganz private. Nicht nur die Beziehungsgeflechte spiegeln sich in diesen Texten, ebenso sind sie wichtige Quellen für historische Erkenntnisse, bilden sie doch stets auch die Umstände ihrer Entstehungszeit ab.

Philipp Melanchthon: Brief an Moritz Hausmann, 23. Oktober 1539
Signatur: Mscr.Dresd.k.292, Bl.5a
Digitalisat in der Deutschen Fotothek.

Melanchthon warnt seinen ehemaligen Studenten Moritz Hausmann, der  sich zu diesem Zeitpunkt in Torgau aufhielt, eindringlich vor einer Rückkehr nach Wittenberg, denn dort grassierte die Pest. Ob Hausmann – wie so viele Schüler und Studenten – ebenfalls in Melanchthons Haus wohnte, wissen wir nicht. Durchschnittlich alle 8 Jahre brach im 16. Jahrhundert in Wittenberg die Pest aus.

 

 

 

 

Martin Luther: Brief an Nikolaus von Amsdorf, 11. Januar 1539
Signatur: Mscr.Dresd.R.96, S.52

Von den über 100 erhaltenen Briefen Luthers an seinen engen Vertrauten Amsdorf (1483–1565) befindet sich ein umfangreiches Konvolut in der SLUB Dresden. Schon vor Luther war Amsdorf Philosophieprofessor an der Leucorea, von1524 bis 1542 leitender Geistlicher in Magdeburg. 1542 weiht ihn Luther zum ersten evangelischen Bischof von Naumburg-Zeitz. Zur Beziehungspflege, ohne konkreten Anlass, schrieb Luther diesen Brief, denn offenbar hatte er erfahren, dass sich ein Bote auf den Weg nach Magdeburg machte.

 

 

 

Justus Jonas, Martin Luther, Johannes Bugenhagen, Philipp Melanchthon: Brief an den Kurfürsten Joachim von Brandenburg, 7. Januar 1540
Signatur: Mscr.Dresd.R.96, S. 84

Die vier Unterschriften geben einem Brief an Kurfürst Joachim II. von Brandenburg besonderes Gewicht. Die Reformatoren wehren sich gegen die „Teuerung“ –  die wie die Pest als „Landplage“ angesehen wurde. Die Lage in Wittenberg war dramatisch, es herrschte Hungersnot, u.a. deshalb, weil der Kurfürst ein Ausfuhrverbot für Getreide verhängt hatte. In ihrem Brief ersuchten sie Joachim II. um ein Umdenken in dieser Sache.

 

 

 

Caspar Peucer: Brief an Hieronymus Baumgartner, 18. November 1560
Signatur: Mscr.Dresd.C.107.f,13(8)

Der in Bautzen geborene Peucer (1525–1602) studierte zwischen1540 und 1548 in Wittenberg und lebte in Melanchthons Haus. 1550 heiratete er dessen Tochter Magdalena (1531–1576). Peucer machte sich insbesondere um die Bewahrung und Publikation von Melanchthons Nachlass verdient. Dem Adressaten Hieronymus Baumgartner (1498–1565) in Nürnberg berichtet Peucer, wie die Arbeiten an Melanchthons Epitaph für die Wittenberger Schlosskirche voranschreiten.

 

 

 

 

Caspar Cruciger: Brief an einen Unbekannten, 12. August 1541
Signatur: Mscr.Dresd.App.92

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Vom Tod seines schwer erkrankten Töchterchens berichtet Cruciger (1504–1548) in diesem Brief aus Leipzig. Der Wittenberger Theologieprofessor hielt sich in einer Erbschaftsangelegenheit in der Messestadt auf. Der Empfänger wird nicht genannt, doch der gesamte Brief spricht für eine große Vertrautheit zwischen dem Schreiber und dem Adressaten, bei dem es sich um Justus Jonas (1493–1555) handeln könnte. Der seit 1541 in Halle Theologie lehrende Jonas hatte von 1520 an in Wittenberg gewirkt.

 

Philipp Melanchthon: Brief an Johann Lang, 27. Juli 1546
Signatur: Mscr.Dresd.R.97, Bl. 7

Der in Erfurt als evangelischer Prediger wirkende Lang (1486/1488–1548) gehörte schon sehr früh zu Luthers nahem Umfeld. Auch nach Luthers Tod blieb er in Kontakt mit den Wittenbergern; das Schreiben Melanchthons überbrachte der aus Erfurt stammende Student Josef Kirchner. Wegen der Ereignisse des Schmalkaldischen Krieges empfahl man den Studenten, in ihren Heimatorten Schutz zu suchen.