Press release

Neue Ausstellung in der SLUB – „Der Gemeinsame Nenner“ Der Almanach COMMON SENSE und Künstlerbücher aus der späten DDR bis heute

Mit der Wiederöffnung der Museen in Sachsen kann auch die Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) ihre Museums­räume wieder für das Publikum öffnen. Das neue Ausstellungs­jahr beginnt mit der Schau „Der Gemeinsame Nenner. Der Künstlerbuch-Almanach Common Sense und die Grafik- und Künstlerbuchsammlung der SLUB“. Sie ist bis zum 3. Juli 2022 Montag bis Freitag von 10:00 bis 18:00 Uhr geöffnet (Corty-Galerie, Zellescher Weg 18, 01069 Dresden), der Eintritt ist frei.

Zeitgleich zeigen wir in der Schatzkammer der SLUB (Zellescher Weg 18, 01069 Dresden) erneut die Ausstellung „Blühende Bücher – Botanische Kostbarkeiten aus der SLUB“ mit herausragenden illustrierten Pflanzenbüchern vom Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert, zu sehen bis 10. Juli 2022, ebenfalls Montag bis Freitag 10:00 bis 18:00 Uhr, Eintritt frei. 

Für den Museumsbesuch ist ein aktuell gültiger 2G-Nachweis sowie das Tragen einer FFP2-Maske erforderlich.

„Der Gemeinsame Nenner“ widmet sich dem Genre der originalgrafischen Künstlerbücher und -zeitschriften, die, besonders im letzten Jahrzehnt der DDR, zu einem wichtigen Publikationsmedium für Künstler:innen und Autor:innen wurden. Den konkreten Anlass bildet dabei der Abschluss des Künstlerbuch-Almanachs Common Sense, dessen erster Band 1989, kurz vor Ende der DDR, erschien. Konzipiert als Jahrespublikation, vereint erBeiträge einer Vielzahl von Künstler:innen und Autor:innen, bis zum Abschluss der Reihe 2018 waren es über 500 Beteiligte. Herausgegeben wurde der Almanach vom Schriftsteller Jörg Kowalski und dem Künstler Ulrich Tarlatt, die 1987 in Halle (Saale) die edition augenweide gegründet hatten, umKünstlerbücher mit mehr Freiraum für künstlerische und literarische Experimente, als es das Verlagswesen der DDR vorsah, herzustellen.

Ulrich Tarlatt, Herausgeber des COMMON SENSE:

„es war unser anliegen arbeiten von geschätzten künstlern und literaten zusammenzufügen

sie einzuladen für ein gemeinsames buch

die form des almanachs war da geeignet - zeitaktuell und sprachliche vielfalt durch  verschiedene akteure

so wurden künstler und literaten gebeten etwas für den almanach zu schaffen

vorgegeben war nur das format - die schreibmaschinenseite und für die kunst wichtig die auflage - bis auf die ersten 3 jahrgänge 75 exemplare

alles sollte dafür neu geschaffen werden bzw noch nicht publiziert sein

kein thema keine festgelegte form - gedichte kurzgeschichten fragmente skizzen tagebuchnotizen … für die kunst alle klassischen grafischen techniken aber auch neue digitale druckmöglichkeiten hinzu zeichnung collage und fotografie

im buch begegnen sich unterschiedliche handschriften

der gedanke an das buch im zusammenklang ist nur gesteuert durch die auswahl der eingeladenen

zum schluß das puzzle … das fügen zum buch … der reiz des zufalls … überraschende übergänge … spannende konfrontationen …

dann zum buchbinder … und … jedes jahr geschafft daß es weihnachten fertig ist … verpacken versenden … das niewieder am ende und nach wenigen wochen und vielen netten worten der neustart - das aufgehts

Schon Ende der 1970-Jahre begannen Künstler:innen und Literat:innen in der DDR das Medium des Künstlerbuches zu nutzen, um ihre Werke, Gedanken und nicht zuletzt ihre Kritik an der gesellschaftlichen Realität der späten DDR äußern zu können. In Kleinst­auf­lagen und in Eigenregie hergestellt, konnten sie so die restriktiven Genehmigungsverfahren im Verlagswesen unterlaufen. Charakteristisch für die inoffiziell entstandenen Künstler­bücher war die intensive und fruchtbare Zusammenarbeit von bildenden Künstler:innen mit Literaturschaffenden, die auch der stärker unter Beobachtung stehenden Text­pro­duk­tion zu einer Sichtbarkeit jenseits der Schreibtischschublade verhalf. Es entstanden eigenwillige und unkonventionelle Bücher und Periodika, deren wenige Exemplare, nicht selten lediglich zehn bis 30 Stück, außerhalb der üblichen Vertriebswege ihr Publikum fanden.

Zu Beginn der 1980er-Jahre kamen ihre Herausgeber:innen auch auf die Sächsische Landes­bibliothek zu, um die Bücher für den Erwerb anzubieten. Der Zustim­mung und Unter­stützung des damaligen Generaldirektors Burghard Burgemeister ist es zu verdanken, dass die Bibliothek fortan, ergänzend zur offiziellen Verlagsproduktion, auch diese nicht unproblematischen, weil ohne Druckgenehmigung erschienenen Medien regel­mäßig erwarb. So gelangte auch der Almanach Common Sense vollständig in den Bestand der SLUB.

Der Abschluss des Almanachs nach 30 Jahren ist Ausgangspunkt für die neue Ausstellung in der Corty-Galerie der SLUB Dresden. Ulrich Tarlatt hat 2018 über 100 Einzelgrafiken zu einer Wanderausstellung zusammengestellt, die bereits im Literaturhaus Halle (Saale), in der Orangerie Schloss Georgium, Dessau-Roßlau und im Literaturmuseum Romantikerhaus Jena zu sehen war. Die Dresdner Ausstellung lässt nun 30 Jahre Common Sense Revue passieren und setzt den Almanach in den Kontext der 1986 gegründeten Grafik- und Künstlerbuchsammlung der SLUB, deren Schwerpunkt auf der nonkonformen Buchkunst der späten DDR liegt und die zu einer der herausragenden Sammlungen des Hauses zählt.

Simone Fleischer, Kuratorin der Ausstellung:

„Es ist ein großes Glück, dass es den Mitarbeiter:innen der Landesbibliothek gelang, eine derart umfangreiche Sammlung dieser kunst- und gesellschaftshistorisch bedeutenden buchkünstlerischen Werke zusammen­zu­tragen und es ist wichtig, diesen Bestand auch heute zugänglich zu machen. Umso mehr freut es mich, dass gemeinsam mit Ulrich Tarlatt die Idee entstand, die Wanderausstellung zu 30 Jahre Common Sense auch hier in Dresden zu zeigen und in den Kontext unserer Sammlung zu stellen – eine wunderbare Gelegenheit, neue Fragen an ihre Geschichte, an die Provenienz der Objekte, an Protagonisten und Sammlungsprofil zu stellen.“

Weiterführende Informationen und Begleitprogramm zu den Ausstellungen finden Sie hier.

Die Pressebilder zum Download finden Sie hier. 

Kontakt
Simone Fleischer
Kuratorin der Ausstellung Der gemeinsame Nenner
Telefon: +49 (0)351 4677-333
E-Mail: Simone.Fleischer@slub-dresden.de

Annemarie Grohmann
Pressesprecherin SLUB Dresden
Telefon: +49 (0)351 4677-342
E-Mail: Annemarie.Grohmann@slub-dresden.de