Press release

Rückgabe von NS-Raubgut – SLUB und UB Freiburg restituieren Bücher an die Erben von Leo Polak

Gemeinsam haben die Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (SLUB) Dresden und die Universitätsbibliothek (UB) der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg drei Bücher an die Erben des niederländischen Philosophen, Humanisten und Freidenkers Leo Polak zurückgegeben.

Diese Bücher waren 1941 von den Nationalsozialisten geraubt worden. Das Exemplar der SLUB konnte im Rahmen eines von der Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste geförderten Forschungsprojektes als NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut (NS-Raubgut) ermittelt werden. Dank der transparenten Darstellung von Vorbesitzermerkmalen an der UB Freiburg gelang es, die Fallrecherchen zusammenzuführen. Abschließend konnten die zwei in Freiburg identifizierten Bände mit jenem in Dresden gemeinsam restituiert werden.

Jana Kocourek, Leiterin der Abteilung Handschriften, Alte Drucke und Landeskunde an der SLUB:

Im Fall von erwiesenem NS-Raubgut betrachten wir uns nicht als Eigentümer der in unseren Beständen befindlichen Objekte und bemühen uns um eine Rückgabe bzw. um gerechte und faire Lösungen im Sinne der Washingtoner Erklärung von 1998. Wir freuen uns daher, dass wir diese Bücher nach 77 Jahren an die Familie von Leo Polak zurückgeben konnten. Die Nachfahren schenken die drei Bücher wie auch schon zuvor restituierte Bände aus der Privatbibliothek Leo Polaks der Bibliotheek Universiteit van Amsterdam. So wird an diesem Ort seine Bibliothek als Teil der Bijzondere Collecties wieder zusammengeführt.

Dr. Leonard Polak, geboren am 6. Januar 1880 in Steenwijk (Niederlande), war Philosoph, Humanist und Freidenker jüdischer Konfession. Er heiratete im Jahr 1917 die Kaufmannstochter Henriëtte Antoinette Schwarz (1893–1974), mit der er drei Töchter bekam. Seit den 1920er Jahren war Polak Vorsitzender des Familien-Unternehmens Polak & Schwarz Essenz Fabriken. Er lehrte Philosophie an der Universität Groningen, bis er im Mai 1940 im Zuge der deutschen Besatzung der Niederlande Berufsverbot erhielt. Mit der Begründung, sich nicht an das Verbot gehalten zu haben, wurde Leo Polak im Februar 1941 verhaftet und in das Konzentrationslager (KZ) Sachsenhausen deportiert. Neueste Erkenntnisse der Universität Wuppertal zeigen, dass Leo Polak am 9. Dezember 1941 aufgrund schwerster körperlicher Misshandlungen durch das KZ-Personal ums Leben kam. Bisher ging man davon aus, dass er an den Folgen einer Operation und der weiterhin zu leistenden Zwangsarbeit gestorben sei. Nach seiner Verhaftung musste die Familie Leo Polaks aus ihrem Haus in Groningen zwangsweise ausziehen. Tochter Jetteke wurde im Oktober 1941 zuerst nach Ravensbrück und später nach Auschwitz deportiert, wo sie am 11. November 1942 ermordet wurde. Henriëtte Antoinette Schwarz-Polak und die Töchter Ans und Bettina überlebten den Holocaust.

Leo Polak besaß eine sehr umfangreiche Bibliothek mit wertvollen und bibliophilen Ausgaben, deren Bücher an insgesamt vier sich ähnelnden Exlibris mit der Beschriftung „Ex libris Leo Polak“ zu erkennen sind. Ein Großteil der Privatbibliothek wurde nach Polaks Verhaftung und Deportation 1941 in Amsterdam von den nationalsozialistischen Besatzern konfisziert. In der SLUB konnte ein Buch aus dem Vorbesitz Leo Polaks anhand eines solchen Exlibris ermittelt werden. Es stammt aus dem Bestand der Universitätsbibliothek (UB) Dresden, einer Vorgängereinrichtung der SLUB. Da keine Informationen zu Zugangsjahr und Erwerbungsart vorliegen, kann nur vermutet werden, dass es nach der Entziehung 1941 in ein Büchersammellager gelangte und nach 1945 über den Antiquariatshandel an die UB Dresden kam. Im Bestand der UB Freiburg wurden zwei Bücher mit dem Exlibris Leo Polaks identifiziert. Sie gingen 2017 aus dem Orientalischen Seminar der Universität Freiburg in den Bestand der UB Freiburg ein. Ihre Vorgeschichte lässt sich bisher ebenfalls nicht rekonstruieren.

 

Kontakt

Jana Kocourek
Leiterin der Abteilung Handschriften, Ate Drucke und Landeskunde
SLUB Dresden
Telefon +49 (0)351 4677-520
E-Mail: Jana.Kocourek@slub-dresden.de

Annemarie Grohmann
Pressesprecherin
SLUB Dresden
Telefon: +49 (0)351 4677-342
E-Mail: Annemarie.Grohmann@slub-dresden.de