Die letzte Ausgabe einer nationalsozialistischen Tageszeitung in Deutschland erschien am 8. Mai in Dresden. Sie wurde nicht mehr ausgeliefert, denn am gleichen Tag befreite die rote Armee die Stadt. Die NS-Zeitung „Der Freiheitskampf“ hatte noch am letzten Tag agitiert: „Vergeßt niemals daß, solange wir die Waffen nicht aus der Hand legen, uns kein Feind schlagen und wir unser Schicksal selbst gestalten können!“
An diesem letzten Propagandasatz stimmte weder der Inhalt noch die Grammatik. Dresden, Deutschland war am Ende. Gab es eine „Stunde Null“ zwischen Untergang und Neuanfang?
70 Jahre nach Kriegsende präsentiert das Museum der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) Dresdner Zeitungen als Zeugnisse des Untergangs und Neubeginns: „Stunde Null? – Dresdner Tageszeitungen über Zusammenbruch und Neuanfang April bis August 1945“.
Ab 22. Mai 1945 erschien eine neue „Tageszeitung für die deutsche Bevölkerung“, nun herausgegeben von der sowjetischen Besatzung. Diese Zeitung war einige Monate das wichtigste Informationsmedium der Stadt und ist bis heute ein wichtiges Zeitzeugnis. Wann konnte die erste Straßenbahn wieder fahren, wie lief die Zuteilung von Lebensmitteln? Eine vollständige digitale Ausgabe der Tageszeitung wird die SLUB zur Eröffnung der Ausstellung freischalten. Darin kann man anhand der Sprache und Aufmachung auch nachvollziehen, dass es nicht nur einen Neuanfang, sondern auch Kontinuitäten von der nationalsozialistischen zur kommunistischen Tageszeitung gab.
Fotografien von 1945 veranschaulichen die frühesten Berichte über den beginnenden Wiederaufbau der Stadt.
Zur Ausstellungseröffnung am 22. April, 19 Uhr, im Vortragssaal der SLUB spricht der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Werner J. Patzelt (TU Dresden) über die „Fiktion der Stunde Null und ihre Langfristschäden“. Die Ausstellung wird von Katrin Nitzschke (SLUB) und Johannes Wolff, Doktorand der TU Dresden, kuratiert.
Vertreter der Presse sind herzlich eingeladen. Die Ausstellung ist vom 23. April 2015 bis zum 28. August 2015 täglich von 10 bis 18 Uhr im Museum der SLUB zu sehen. Der Eintritt ist frei.