Tischreden
Eines der wohl am weitesten verbreiteten, vielleicht eindrücklichsten Bilder der Lutherverehrung ist das von Luthers Tisch. Viele der Luther zugeschriebenen Wort- und Sprachschöpfungen finden sich nicht in seinen eigenen Schriften, sondern sind in den sogenannten Tischreden überliefert. Ein zentraler Ort der Kommunikation im Hause Luther war die Tafel, an der theologisch und politisch diskutiert wurde. Und stets gab es Tischgenossen, die eifrig alles notierten, was gesprochen wurde. Sicher ist, dass Professoren wie Luther selbstverständlich Schüler und Studenten bei sich aufnahmen, aber auch andere Logiergäste. Die zunächst handschriftlich verbreiteten Tischreden wurden erst mit dem Druck von Johann Aurifabers „Colloquia oder Tischreden“ im Jahr 1566 zum Bestseller.
Christoph Obenander: Tischreden Martin Luthers, 1544
Signatur: Mscr.Dresd.A.180.d, S. 262/263
Zu den Sammlern der Tischreden gehörten viele Wittenberger Studenten wie der aus Wunsiedel stammende Christoph Obenander (1526–1568), der diese gemeinsam mit Briefen Luthers, Melanchthons, Amsdorfs und weiterer Reformatoren in einen über 700 Seiten umfassenden Band schrieb. Diesem gab er den Titel „Thesaurus Theologiae“ (Ein Schatz Theologie). Die aufgeschlagene Seite gibt Luthers Ermahnung zum Predigthören wider. Aus dem Nachlass des Melanchthonforschers Heinrich Ernst Bindseil (1803–1876) gelangte der Band in die heutige SLUB.
Caspar Kummer: Tischreden Martin Luthers, 1554
Signatur: Mscr.Dresd.A.180, Bl. 407v/408r
Vom älteren Luther gibt es viele antijüdische Schriften, verhängnisvoll war deren Rezeption durch die Nationalsozialisten. Die hier aufgeschlagene Seite in der Tischredensammlung des in Ortrand tätigen Pfarrers Caspar Kummer (1535–1595) basiert auf den Aufzeichnungen des Pirnaer Superintendenten Anton Lauterbach (1502–1569). Der wiedergegebene Bericht Martin Luthers vom Besuch zweier Rabbiner korrespondiert mit einer Stelle seiner 1543 erschienenen Schrift „Von den Juden und ihren Lügen“.