SLUB-Projekte
Neben der Suche nach NS-Raubgut verfolgen wir an der SLUB im Rahmen der Provenienzforschung noch weitere Themen: sogenannte Schlossbergungen im Kontext der Bodenreform in der Sowjetischen Besatzungszone 1945 bis 1949, DDR-Unrecht 1949 bis-1990 oder Kulturgut aus kolonialen Kontexten.
Unsere umfassenden Rechercheergebnisse sind in den Katalogen der SLUB und der Kollektion "Provenienzforschung" in der Deutschen Fotothek dokumentiert. Konkrete Funde melden wir der Lost Art-Datenbank. Falldossiers werden in der Reihe „Provenienzforschung an der SLUB“ auf dem Dokumentenserver Qucosa veröffentlicht.
Schlossbergungsgüter
Laufzeit: 2009–2013 | Förderer: Sächsisches Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst
Das erste umfangreiche Projekt der SLUB zu widerrechtlich enteigneten Buchbeständen diente der Suche nach sogenannten Schlossbergungsgütern in den Bibliothekszugängen der Jahre 1945 bis 1990. Dabei wurden insgesamt etwa 215.000 Werke mit einem Erscheinungsjahr vor 1945 erfasst und die darin enthaltenen Provenienzmerkmale dokumentiert.
Die „Schlossbergungen“ stehen im Zusammenhang mit der 1945/46 auf dem Gebiet der Sowjetischen Besatzungszone durchgeführten „Bodenreform“, bei der Großgrundbesitzer, die mehr als 100 Hektar Fläche besaßen sowie als Kriegsverbrecher und NSDAP-Mitglieder eingestufte Besitzer kleinerer Agrarbetriebe entschädigungslos enteignet wurden. Diese Maßnahme betraf in größerem Umfang auch Angehörige des sächsischen Adels. Die Familien wurden von ihren ehemaligen Gütern vertrieben, zum Teil interniert. Die zurückgebliebenen Kulturgüter wurden von der sächsischen Landesverwaltung eingezogen und an Kultureinrichtungen verteilt.
In diesem Projekt wurden Bestände aus zahlreichen sächsischen Adelsbibliotheken ermittelt, dokumentiert und restituiert, darunter Teile der Bibliothek des ehemaligen sächsischen Königshauses.
NS-Raubgut in der SLUB: Erwerbungen 1933 bis 1945
Laufzeit: 2011–2013 | Förderer: Arbeitsstelle für Provenienzforschung (heute Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste)
Untersuchungsgegenstand waren die Druck- und Handschriften sowie Karten der Zugangsjahre 1933 bis 1945 aus dem Bestand der ehemaligen Sächsischen Landesbibliothek. Die dabei ermittelten Hinweise auf die Vorbesitzer:innen wurden in einer Datenbank erfasst und ausgewertet. In einem zweiten Schritt fand der Abgleich der eruierten Personen und Institutionen mit hauseigenen Unterlagen, externen Archivalien und Datenbanken statt. Bei gesicherten Fällen beziehungsweise bei Verdacht auf NS-Raubgut erfolgte anschließend die Dokumentation der entsprechenden Medien sowie die Suche nach den Erben oder Rechtsnachfolgerinnen der vormaligen Eigentümer:innen. Im Ergebnis konnten der Lost Art-Datenbank über 1.000 Fälle von NS-Raubgut bzw. dem Verdacht darauf übergeben werden.
NS-Raubgut in der SLUB: Erwerbungen nach 1945
Laufzeit: 2017–2020 | Förderer: Deutsches Zentrum Kulturgutverluste
Zum Ende des Zweiten Weltkrieges erlitten die deutschen Bibliotheken große Bestandsverluste. Allein die Sächsische Landesbibliothek (SLB), die Vorgängerin der SLUB, verlor im Krieg über 200.000 Bände. Wie auch andere Bibliotheken hat sie ihre Bestandslücken durch als „herrenlos“ geltende Bücher und Altbestände ergänzt, welche nach Kriegsende durch verschiedene Regierungseinrichtungen gesichert und weiterverteilt wurden. Somit befanden sich in diesen ab 1945 erworbenen Beständen zahlreiche Fälle von sekundärem NS-Raubgut, das nicht direkt von NS-Stellen oder enteigneten Personen an Kultureinrichtungen gelangte, sondern von zunächst unverdächtigen Quellen bezogen wurde, wie z. B. Antiquariaten. Im Rahmen dieses Projekts wurden etwa 1.000 Verdachtsfälle untersucht, um Erb:innen oder Rechtsnachfolger:innen zu ermitteln und die Bücher zu restituieren.
NS-Raubgut in der SLUB: Bestände der Universitätsbibliothek
Laufzeit: 2021–2025 | Förderer: Deutsches Zentrum Kulturgutverluste
Die ehemalige Universitätsbibliothek der Technischen Universität Dresden (UB) ist 1996 mit der Sächsischen Landesbibliothek (SLB) zur SLUB fusioniert. In diesem Projekt untersuchen wir systematisch die Bestände der Abteilungen Physik, Chemie, Mathematik, Sport, Marxismus-Leninismus und Architektur sowie die Bibliothek Forstwissenschaft (Tharandt) und die Zweigbibliotheken Medizin und Rechtswissenschaft.
Die UB geht auf die Bibliothek der 1828 gegründeten Technischen Hochschule Dresden (TH) zurück und erlitt ebenfalls zum Ende des Zweiten Weltkrieges erhebliche Bestandsverluste: Das Hauptgebäude wurde beim Angriff vom 13. Februar 1945 zerstört, dabei ging 70 Prozent des Buchbestandes verloren. Danach wurden Bücher aus Beschlagnahmungen und Entwendungen aufgenommen. Im Zuge von Stichproben vorab konnten wir bereits zahlreiche Exlibris, Stempel, Besitzeinträge und Widmungen finden, die den Verdacht auf NS-Raubgut nahelegen, darunter Besitztümer der Juristen Heinrich Klang, Max Alsberg und Heinrich Veit Simon sowie der Großloge von Wien. Ziel dieses Projekts ist die systematische Überprüfung von etwa 100.000 Bänden der ehemaligen UB auf NS-Raubgut sowie die Ermittlung von Erben oder Rechtsnachfolgern und die anschließende Restitution.
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Ihre Ansprechpartner:innen
Jana Kocourek, Abteilungsleiterin Handschriften, Alte Drucke und Landeskunde
Projektmitarbeiterinnen: Elisabeth Geldmacher, Nadine Kulbe, Gabriela Brudzyńska-Němec, Olivia Kaiser
E-Mail: raubgut@slub-dresden.de