Weitere Maya-Codices
Außer dem Codex in der SLUB Dresden sind weltweit nur noch drei weitere originale Maya-Handschriften bekannt, die der am 12. Juli 1562 auf Anordnung von Diego de Landa, dem späteren Bischof von Yucatán, vorgenommenen Verbrennung von Maya-Schriften als Zeugnissen für Aberglauben und Teufelslügen entgangen sind:
Codex Madrid
Der Codex Tro-Cortesianus (Madrid, Museo de América) wurde in zwei Teilen überliefert, die 1875 bzw. 1888 aus dem Besitz des Archivars und Paläographen Juan de Tro y Ortolano (Codex Troano) bzw. des Madrider Sammlers José Ignacio Miró (Codex Cortesianus, nach dem Konquistador Hernán Cortés) in das Museo Arqueológico Nacional in Madrid gelangten und 1881 von Léon de Rosny als zusammengehörig erkannt wurden. Die Handschrift hat eine Gesamtlänge von 6,80 m und einen Umfang von 58 Blättern in Leporellofaltung. Sie enthält Bauernalmanache, einen Abschnitt über Bienenzucht, astronomische Tafeln, Berechnungen zum Vollzug von Opfern und Riten, verbunden mit entsprechenden Darstellungen von Göttern und Alltagstätigkeiten. Der Codex, der bezüglich des Layouts dem dem Dresdner sehr ähnlich, in der Ausführung allerdings wesentlich nachlässiger ist, wird in die Zeit um 1500 datiert. Digitalisate
Codex Paris
Der Codex Peresianus (Paris, Bibliothèque nationale de France, Fonds Mexicain, No. 386) wurde 1859 in damaligen Bibliothèque Impériale zu Paris entdeckt. Es handelt sich um ein Fragment aus 11 sehr fragilen Blättern mit einer Gesamtlänge von 1,40 m. Die Beschriftung und Bemalung ist nur noch im Zentrum der Seiten zu erkennen. Die auf ca. 1300 bis 1500 n. Chr. zu datierende Handschrift enthält im Wesentlichen einen vollständigen K'atun-Zyklus (13 x 20 Jahre), Darstellungen der entsprechenden Patronatsgötter und ihren Opfergaben, einen vom Regengott Chaac beherrschten Kalenderzyklus und einen Zodiak (Tierkreis). Digitalisate
Codex Mexiko
Die früher als Codex Grolier bezeichnete Handschrift ist ein Teil eines Venuskalenders und besteht aus 10 einseitig beschriebenen, sehr fragmentarisch erhaltenen Blättern mit einem ursprünglichen Format von 18 x 12,5 cm. Die Blätter wurden angeblich in den frühen 1960er Jahren in einer Höhle im Hochland von Chiapas gefunden, um 1965 von dem Ökonomen und Sammler Josué Saenz erworben, 1971 im Grolier Club in New York ausgestellt und 1974 der mexikanischen Regierung übergeben. Eine Radiokarbondatierung bestätigte zwar die Echtheit des Beschreibstoffes (Amate), aber die sehr gut erhaltene Beschriftung und Bemalung galten lange Zeit als gefälscht. 2015 bis 2018 durchgeführte umfangreiche Forschungen und naturwissenschaftliche Untersuchungen erwiesen den Codex jedoch in seiner Gesamtheit als Original, das zwischen 1021 und 1154 n. Chr. entstand und somit als ältestes Buch Amerikas gelten kann. Das Dokument wird heute als "Códice Maya de México" in der Biblioteca Nacional de Antropología e Historia (BNAH) in Mexiko-Stadt aufbewahrt. Digitalisate