Klassische Paläobotanik

Paläobotanik ist die Wissenschaft von der Entwicklung der Pflanzenwelt in der Erdgeschichte. Ihr Forschungsgegenstand sind hauptsächlich Fossilien, aber auch andere Zeugnisse pflanzlichen Lebens in Gesteinen wie biogeochemische Indikatoren. Diese naturwissenschaftliche Disziplin ist noch keine 200 Jahre alt. Begründet wurde sie mit den Werken von Baron Ernst Friedrich von Schlotheim und Graf Caspar von Sternberg im Jahre 1820, in denen erstmals Pflanzenfossilien nach neuzeitlichen wissenschaftlichen Kriterien beschrieben und benannt worden sind. Zuvor wurden Versteinerungen im Pflanzenreich zwar als Naturprodukte erkannt, aber im Wesentlichen mit der biblischen Sintflut in Verbindung gebracht. Das 19. Jahrhundert gilt dann auch als klassische Periode, in der bedeutende fossile Floren erstmals monographisch bearbeitet und publiziert wurden. Im 20. Jahrhundert bildeten sich Teildisziplinen wie Paläo-Karpologie (Früchte und Samen), Paläo-Palynologie (Pollen, Sporen, Algen) und Paläo-Xylotomie (Holz) heraus. Paläobotanik ist an der Nahtstelle zwischen Botanik und Geologie angesiedelt, also zwischen einer Lebenswissenschaft und der Wissenschaft der festen unbelebten Erde.


Geinitz, Hanns Bruno: Die Versteinerungen der Steinkohlenformation in Sachsen.
Leipzig: Engelmann, 1855.
MMG: 9/89

Hanns Bruno Geinitz war einer der letzten Universalpaläontologen, die sowohl fossile Pflanzen als auch fossile Tiere wissenschaftlich dokumentiert und publiziert haben. Für das industriell aufstrebende Sachsen des 19. Jahrhunderts waren die einheimischen Steinkohlenlagerstätten eine wichtige Basis. Die Beschreibung der Steinkohlenflora Sachsens und die Entwicklung einer Theorie über die Entstehung dieses Rohstoffs waren ein zentrales Thema seiner Forschung. Nebenbei betätigte er sich, nicht immer besonders erfolgreich, als Fachgutachter bei der Bewertung einzelner Lagerstätten.

Tafel XXXIII:

Abgebildet sind verschiedene Arten von Laubblättern urtümlicher Samenpflanzen, meist kleine Bäume oder Kletterpflanzen. Wesentliche Teile der Abbildungsoriginale befinden sich heute noch in den Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen Dresden. Mit der Anfertigung der Drucktafeln für seine Monographien beauftragte Geinitz Kunstzeichner. Aus Darstellungs- und Platzgründen wurden nicht immer alle Objekte komplett, sondern nur teilweise abgebildet.


Laub einer urtümlichen Samenpflanze
Alethopteris mertensoides (Geinitz 1843) Geinitz 1855
Bockwa bei Zwickau, Vorerzgebirgs-Senke, Sachsen
Karbon (Westfalium, ca. 310 Mio. Jahre)
MMG: PB SaKa 10558


Laub einer urtümlichen Samenpflanze
Dicksonites pluckeneti (Schlotheim 1820) Sterzel 1881
Oberhohndorf bei Zwickau, Vorerzgebirgs-Senke, Sachsen
Karbon (Westfalium, ca. 310 Mio. Jahre)
MMG: PB SaKa 10562


Laub einer urtümlichen Samenpflanze
Dicksonites pluckeneti (Schlotheim 1820) Sterzel 1881
Oberhohndorf bei Zwickau, Vorerzgebirgs-Senke, Sachsen
Karbon (Westfalium, ca. 310 Mio. Jahre)
MMG: PB SaKa 10563



Laub einer urtümlichen Samenpflanze

Alethopteris nervosa (Brongniart 1832) Geinitz 1855
Oberhohndorf bei Zwickau, Vorerzgebirgs-Senke, Sachsen
Karbon (Westfalium, ca. 310 Mio. Jahre)
MMG: PB SaKa 10574


Laub einer urtümlichen Samenpflanze
Oligocarpia gutbieri Goeppert 1841
Oberhohndorf bei Zwickau, Vorerzgebirgs-Senke, Sachsen
Karbon (Westfalium, ca. 310 Mio. Jahre)
MMG: PB SaKa 10604


Geinitz, Hanns Bruno: Geognostische Darstellung der Steinkohlenformation in Sachsen.
Leipzig: Engelmann, 1856.   
SLUB: 42.gr.2.43

Reproduktion Tafel VIII: "Übersichtskarte der Lagerung des Hauptkohleflözes im Plauenschen Grunde [...]"

In der "Geognostischen Darstellung der Steinkohlenformation" in Sachsen fasste Hanns Bruno Geinitz das geologische und lagerstättenkundliche Wissen seiner Zeit über die sächsischen Steinkohlevorkommen zusammen. Die Darstellungen der Lagerstätten in Karten und Rissen stammen zumeist von Bergleuten aus der betreffenden Region, die über die notwendigen Detailkenntnisse verfügten. So wurde auch diese Karte von der Verbreitung und Mächtigkeit (bergbaulich für Dicke) der Steinkohleflöze und deren Begleitgesteinen im Döhlen-Becken bei Dresden (Sachsen) von einem Markscheider entworfen. Die erfassten Ortschaften sind heute überwiegend Teile der Stadt Freital. Obwohl dieses Steinkohlevorkommen im Vergleich zum Zwickau-Oelsnitzer Revier (Sachsen) oder gar den Revieren im Ruhrgebiet und in Polen relativ klein ist,  war es für die Industrialisierung des Dresdner Raumes Mitte des 19. Jahrhunderts von großer Bedeutung. Vom Bergbau im Plauenschen Grund gingen auch technische Innovationen wie der Einsatz der weltweit ersten elektrischen Grubenlokomotive aus.


Reproduktion Tafel IX: "Saigerriss zur Übersichtkarte VIII"

 

Dieser Saigerriss (senkrechter geologischer Schnitt durch die oberflächennahen Gesteinsschichten) bezieht sich auf die geologische Karte der Tafel VII, welche die Verbreitung der Steinkohleflöze des Döhlen-Beckens darstellt. Im Saigerriss sind die für den Bergbau wichtigen Informationen wie räumliche Lage und Mächtigkeit der verschiedenen Gesteinsschichten erfasst. Die hierfür notwendigen Daten sind von Markscheidern und Bergbeamten im Untertagebergbau akribisch dokumentiert worden. Geinitz selbst war wohl nie in ein Steinkohlebergwerk bei Dresden eingefahren.