Pressemitteilung
Eine Bibliothek für Bibliotheken: Erste deutsche Landesfachstelle feiert 110-jähriges Bestehen
Mit einem Festakt im Kulturforum Görlitzer Synagoge feiert die Sächsische Landesfachstelle für Bibliotheken heute, am 23. September 2024, ihr 110-jähriges Bestehen. 1914 als erste „Zentralstelle für volkstümliches Büchereiwesen e. V.“ des Reiches in Leipzig gegründet, ist sie heute eine Kompetenzeinrichtung des Freistaates Sachsen, die seit 2022 der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) zugeordnet und seit 2006 in Chemnitz verortet ist. Als zentrale Unterstützungsstruktur berät und vernetzt sie knapp 400 kommunale Bibliotheken im Freistaat und versorgt sie kostenfrei mit mehr als 25.000 modernen Medien.
Die Festrede zum Jubiläum hält Joachim Gauck, Bundespräsident a.D. Er betont: „Der Einsatz und das Wirken der Sächsischen Landesfachstelle für Bibliotheken ist wesentlich für unser gesellschaftliches Miteinander. Bibliotheken sind weit mehr als nur Orte der Buchausleihe. Unsere Bürgergesellschaft braucht Institutionen wie die Bibliotheken. Sie sind das Gedächtnis der Menschheit und lebendige Orte der Zukunft. Sie sind Räume des Austauschs und der Begegnung, offen für alle, vielfältig und für die Freiheit des Geistes unverzichtbar."
Sachsens KulturministerinBarbara Klepsch sagt: „Öffentliche Bibliotheken sind unentbehrliche Zentren unseres gesellschaftlichen Lebens. Sie ermöglichen für alle Bürgerinnen und Bürger in unserem Freistaat Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit. Gleichzeitig steigen die Anforderungen und Erfordernisse an die Bibliotheken. Die Sächsische Landesfachstelle für Bibliotheken unterstützt sie mit großem Engagement bei allen Herausforderungen der heutigen Zeit und steht ihnen als wichtiger Partner zur Seite. Ich gratuliere der Landesfachstelle herzlich zu ihrem 110-jährigen Bestehen und danke allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich tagtäglich für die Bibliotheken einsetzen.“
Katrin Stump, Generaldirektorin der SLUB Dresden, fügt hinzu: „Die Landesfachstelle leistet einen essentiellen Beitrag zur zukunftsorientierten Entwicklung der Bibliotheken als besucherstärkste Kultureinrichtungen im Freistaat. Als SLUB werden wir die Landesfachstelle weiterhin bestmöglich bei ihren Aktivitäten unterstützen – sei es mit unserer Expertise in der digitalen Informationsversorgung oder hinsichtlich zeitgemäßer räumlicher und technischer Ausstattungen. Auf diese Weise trägt auch die SLUB dazu bei, Öffentliche Bibliotheken und ihre zentrale Rolle für ein funktionierendes Gemeinwesen in den Städten und v.a. auch im ländlichen Raum zu stärken.“
Für die Sächsische Landesfachstelle war das Jubiläum zugleich Anlass, die eigene Geschichte aufzuarbeiten. In Zusammenarbeit mit der Historikerin Claudia Dietze entstand die Publikation Fördern und Formen? 110 Jahre Fachstellenarbeit für die Öffentlichen Bibliotheken in Sachsen. Sie erscheint am 23. September 2024 und kann dann kostenfrei über www.slubdd.de/landesfachstelle bestellt werden. Dazu Dr.Robert Langer, Leiter der Landesfachstelle und Mitautor: „Die Geschichte des Öffentlichen Büchereiwesens und der Fachstellenarbeit ist keine Geschichte des Kaiserreiches oder der Weimarer Republik, auch wenn dort ihre Anfänge zu suchen sind. Hauptsächlich im Nationalsozialismus wurden ihre Strukturen ausgeformt und vor allem ideologisiert. Über die Jahre hinweg hat sie sich dann von einer staatlich geformten Institution zu einer dynamischen Einrichtung entwickelt, die sich aktiv für die Zukunft des Bibliothekswesens engagiert.“ Heute ist sie u.a. beim Thema Provenienzforschung Pionierin: 2021 wurde hier die bundesweit erste Koordinierungsstelle für NS-Raubgut in Öffentlichen Bibliotheken gegründet.
Anlässlich des Jubiläums findet in diesem Jahr auch die Fachkonferenz aller deutschen Landesfachstellen in Sachsen statt. Unter dem Motto Kooperationen bewegen Bibliotheken werden am 23. September 2024 in Görlitz u.a. zahlreiche Best-Practice-Beispiele aus Bibliotheken in ganz Deutschland vorgestellt.
Hintergrund
Die Gründung der ersten Zentralstelle für volkstümliches Büchereiwesen, Vorgängerin der Landesfachstelle, 1914 geht auf den Schriftsteller und Bibliothekar Walter Hofmann zurück. Er leitete nacheinander die großen Stadtbibliotheken in Dresden und Leipzig und erkannte schnell, dass die umliegenden, oft nebenamtlich geführten kleineren Einrichtungen dringend Unterstützung benötigten.
Von Gaming bis Vorlesehund: Heute berät die Landesfachstelle Öffentliche Bibliotheken, ihre Träger und die Kulturräume, vernetzt kleine und große Einrichtungen und unterstützt mit Best-Practice-Beispielen sowie einsatzbereiten Konzepten für Medien- und Bibliothekspädagogik. Das Beratungsangebot umfasst Bibliothekskonzepte für die Zukunft, darunter auch die Begleitung von Bibliotheksneu- oder umbauten, Förderprogramme, Bibliotheksorganisation und -verwaltung oder die NS-Raubgutforschung. Der Fachbereich Kinder- und Jugendbibliotheken berät, informiert und unterstützt zu aktuellen Trends insbesondere in der Veranstaltungsarbeit und im Medienservice vor Ort. Besonderer Fokus liegt dabei auf Sprach- und Leseförderung, Medien- und Informationskompetenz, Medien- sowie Demokratiebildung.
Darüber hinaus versorgt die Landesfachstelle Öffentliche Bibliotheken, die zum Teil ein sehr begrenztes Erwerbungsbudget haben, kostenfrei mit mehr als 25.0000 modernen Medien, die diese wiederum an ihre Nutzenden verleihen können. Neben Büchern und klassischen Spielen stellt sie u.a. Konsolenspiele, intuitive Robotik-Modelle (z.B. Beebots, Dashs), digitale Lernspiele (z.B. Edurino), Makerboxen, AR-Anwendungen und VR-Brillen zur Verfügung. Bibliotheksmitarbeitende finden ein breites Angebot an Fachliteratur.
Die Landesfachstelle ist zudem die zentrale Fort- und Weiterbildungsstelle für die Mitarbeitenden der Öffentlichen Bibliotheken des Freistaats. Die Themen reichen von Bibliotheksmanagement über Medienpädagogik, Leseförderung, interaktive und erlebnisorientierte Veranstaltungsformate, Coding & Robotik und inklusive Bibliotheksarbeit bis hin zu Projekt- und Changemanagement. Das Seminarangebot steht auch Lehrer:innen, Erzieher:innen und Fördernden von Bibliotheken offen.
2021 wurde an der Landesfachstelle die bundesweit erste Koordinierungsstelle für NS-Raubgut in Öffentlichen Bibliotheken gegründet. Die Arbeit der Koordinierungsstelle umfasst neben der konkreten Rechercheunterstützung in einzelnen Bibliotheken auch die Betreuung von Antragsverfahren beim Deutschen Zentrum Kulturgutverluste (DZK), die Erstellung von Gutachten, Öffentlichkeits- und Vernetzungsarbeit (sie vermittelt auch bei Restitutionen) sowie die Kooperation mit der deutschlandweiten Provenienzforschergemeinschaft. Mit Unterstützung der Koordinierungsstelle konnte bereits an sechs Öffentlichen Bibliotheken NS-Raubgut nachgewiesen und drei Projekte beim Deutschen Zentrum Kulturgutverluste beantragt werden.
Weitere Bilder & Download in hoher Auflösung unter www.slubdd.de/bilderlandesfachstelle