Nachlass Felix Draeseke (1835 — 1913)

Bereits zu Lebzeiten von Felix Draeseke zeigte die Königliche Öffentliche Bibliothek Dresden großes Interesse an seinen Kompositionsautographen. Von den damaligen Erwerbungen ist noch der autographe Klavierauszug Christus. Vorspiel: Die Geburt des Herrn op.70 vorhanden. Nach dem Tod der Witwe Frida Draeseke, 1942, ging der Nachlass von Felix Draeseke an die Stadtbibliothek Dresden, die nach 1945 ihre autographen Bestände an das Stadtarchiv weitergab. Die Sächsiche Landesbibliothek übernahm 1958 den Nachlass vom Stadtarchiv. Der Nachlass verteilt sich heute auf die Musikabteilung (Mus.7099-...) und die Handschriftensammlung (Mscr.Dresd.App.1193-1195) der SLUB Dresden.

Felix Draeseke wurde in Coburg geboren und stammte aus einer Theologenfamilie. Seine Großväter waren bekannte Persönlichkeiten. Der Vater Theodor Heinrich Timotheus Draeseke (1808 - 1870) wurde 1834 zum Hofprediger der Coburger Schloßkirche ernannt, die Mutter Maria Hanstein starb einige Tage nach der Geburt des Sohnes. Die theologische Laufbahn war für den begabten Jungen vorgesehen. Seit 1850 wurde Draeseke von dem Flötenvirtuosen Johann Caspar Kummer in Komposition unterrichtet. 1852 entschloss er sich zur Musikerlaufbahn und nahm das Studium am Leipziger Konservatorium auf. In Leipzig zählten Ignaz Moscheles und Julius Rietz zu seinen Lehrern. Auch Franz Liszt, dessen Wagner-Begeisterung sich auf Draeseke übertrug, nahm Einfluss auf die Ausbildung.

Nach einigen fehlgeschlagenen Versuchen, sich im Musikleben zu etablieren, geht er 1862 als Klavierlehrer nach Lausanne. Um 1870 unternimmt er einige ausgedehnte Reisen. Von 1876 bis zu seinem Lebensende lässt er sich als freier Komponist und Musikschriftsteller in Dresden nieder. 1884 erhält er eine Anstellung am Dresdner Konservatorium als Lehrer für Komposition, Kontrapunkt und Harmonielehre. 1892 wird er zum Professor ernannt, 1894 heiratet er seine Schülerin Frida Neuhaus. Sie wurde ihm eine unentbehrliche Stütze und verwaltete später seinen Nachlass. Im Februar 1912 erlebte Draeseke mit der ersten Gesamtaufführung des vierteiligen Christus-Mysteriums seinen letzten großen Triumph. Am 26. Februar 1913 stirbt er 77jährig in Dresden.

Felix Draesekes Schaffen erstreckt sich über ein breites Gattungsspektrum (Oper, Symphonische Dichtung, Kammermusik, Lied und Ballade). Von seinen Orchesterwerken war die Symphonia tragica am erfolgreichsten. Im Bereich der geistlichen Musik fanden das Requiem h-Moll, die Messe fis-Moll und das Oratorium Christus Anerkennung. Von den weltlichen Chorwerken war das „Concertstück“ Die Heinzelmännchen weit verbreitet. Der breiten Öffentlichkeit eher unbekannt, wurde Draeseke in Fachkreisen geschätzt. Brahms, Hans von Bülow, Arthur Nikisch und Hans Pfitzner setzten sich für seine Werke ein. Draeseke war aber nicht nur Künstler. In seinen Schriften Der gebundene Styl und Konfusion in der Musik äußerte er sich auch als Theoretiker.

Primär- und Sekundärliteratur zu Draeseke gibt es laut der Chronik seines Lebens von Martella Gutiérrez-Denhoff in 65 deutschen Bibliotheken und Archiven. Die Draeseke-Bestände der SLUB Dresden zählen zu den wichtigsten.

Zum kompositorischen Nachlass gehören etwa 70 teils autographe Notenmanuskripte mit Nachweis im RISM-Katalog und etwa 70 Prozent aller gedruckten Kompositionen Draesekes. Sämtliche vorhandenen Notendrucke sind im SLUB-Katalog nachgewiesen. Verlegt wurden sie vor allem bei Forberg, Junne, Kistner und Kahnt in Leipzig, bei Hoffarth in Dresden und bei Bote & Bock in Berlin. Mit dem Nachlass gelangten weitere 75 Kompositionen von Draeseke-Schülern an die SLUB, darunter Werke von Theodor Röhmeyer, Hermann Stephani und Nicolai Struve. Außerdem befanden sich 76 Bücher im Nachlass.

Nachlass Felix Draeseke in der Musikabteilung

Nachlass Felix Draeseke in der Handschriftensammlung

Die Dokumente Draesekes sind in einem Findbuch und in der Handschriftendatenbank der SLUB nachgewiesen. Der Bestand umfasst handschriftliche Notizen über Leben und Werk, Briefe, Bilddokumente, Konzertprogramme, Beurteilungen über seine Tätigkeit als Klavier- und Harmonielehrer in der Schweiz, Arbeitsverträge und Auszeichnungen in acht Kapseln. Über den Nachlass hinaus gibt es weitere Briefe und Dokumente zu Felix Draeseke, die verschiedenen anderen Nachlässen entstammen, darunter die Nachlässe des Sängers Fritz Weiß sowie des Geigers Eduard Rappoldi und der Ehefrau und Pianistin Laura Rappoldi-Kahrer.

Brief an Hans von Bülow vom 11. Oktober 1889
Mscr.Dresd.App.321,47d

Lieber und verehrter Freund.
Hoffentlich bist Du gestärkt von der See zurückgekommen und kannst Dich mit etwas mehr Freude und in besserer Stimmung der virtuosen wie der dirigierenden Thätigkeit hingeben. Erlaube mir heute, bei Dir anzufragen, ob es Dir in der That nicht angenehm ist, mein Concert vorzuführen. In Wiesbaden berichtete Rich. Strauss Du hättest Dich für dieses Project ausgesprochen und ich selber muss wirklich sagen, dass wenn Berlin nun nichts weiter von mir vernimmt [...] 
Mit alter Verehrung sendet die herzlichsten Grüsse Dein ganz ergebener F. Draeseke
Dresden d. 11 Oct. 1889